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Fachkinderkrankenschwester Astrid Jansen, Kinderärztin Dr. Elise Djoumessi und Case Managerin Caroline Bonte (von links nach rechts) von der Euregio-Klinik freuen sich, dass die sozialmedizinischen Nachsorge „Der Bunte Kreis“ Familien helfen kann, ihren Alltag mit schwer und chronisch kranken Kindern schrittweise selbstständig zu meistern.
Fachkinderkrankenschwester Astrid Jansen, Kinderärztin Dr. Elise Djoumessi und Case Managerin Caroline Bonte (von links nach rechts) von der Euregio-Klinik freuen sich, dass die sozialmedizinischen Nachsorge „Der Bunte Kreis“ Familien helfen kann, ihren Alltag mit schwer und chronisch kranken Kindern schrittweise selbstständig zu meistern.

04. Juli 2023

Praktizierte Menschlichkeit - alltäglich! Teil 7

Ohne die vielen kompetenten und tatkräftigen Mitarbeiter:innen würde die pflegerische Versorgung in unserem Landkreis auf Dauer nicht funktionieren. In vielen Gesprächen mit Beschäftigten in der Pflege, ob nun junge Auszubildende oder Menschen, die sich erst später im Leben für eine Arbeit mit Pflegebedürftigen entschieden haben, wird klar: Es sind Menschen, die bereit sind anderen in (ganz) schwierigen Lebenssituationen zu helfen und daraus Kraft und Sinn ziehen. Und es wird immer wieder deutlich: die Arbeit birgt viele schöne Seiten und Momente! Wir möchten in einer kleinen Serie einige dieser „Alltagshelden“ vorstellen. Alle 14 Tage finden sich an dieser Stelle interessante Interviews, spannende Porträts und echte Geschichten. Dieses Mal steht das Thema sozialmedizinische Nachsorge im Fokus: „Der Bunte Kreis“ hilft, dass der Übergang nach Hause für schwer und chronisch kranke Kinder gut gelingt.

Die Operation des Kindes ist glücklich überstanden, doch wie geht es danach weiter, wenn aufgrund einer schweren oder chronischen Krankheit eine längere, beziehungsweise dauerhafte Pflege und Unterstützung erforderlich ist? Hier kann „Der Bunte Kreis“ der Euregio-Klinik Nordhorn helfen. Ein fachübergreifendes Team unterstützt Familien mit Frühgeborenen sowie chronisch und schwer kranken Kindern bei der sozialmedizinischen Nachsorge. Wie das konkret aussieht, berichten Pflegeberaterin Caroline Bonte und Fachkinderkrankenschwester Astrid Jansen.

2012 wurde „Der Bunte Kreis“ in der Euregio-Klinik Nordhorn gegründet. „Wenn man wie wir Frühgeborene der Versorgungsstufe Level 2 betreut, empfiehlt es sich, eine sozialmedizinische Versorgung anzubieten“, erklärt Caroline Bonte, Pflegeberaterin und Case Managerin Pädiatrie in der Euregio-Klinik. (Anmerkung: Level-2-Zentren betreuen Schwangere mit erwarteter Frühgeburt ab der 29. Schwangerschaftswoche oder einem geschätzten Geburtsgewicht des Kindes ab 1.250 Gramm. Geburtskliniken mit einem perinatalen Schwerpunkt sind Einrichtungen, die im Notfall auf eine Kinderstation zurückgreifen können.) 

Allerdings beschränke sich die Unterstützungsleistung nicht allein auf den Bereich der Frühgeborenen, sondern umfasse auch die sozialmedizinische Nachsorge von chronisch- und schwerkranken Kindern, die in der Klinik behandelt oder durch den Kinderarzt zum „Bunten Kreis“ kommen würden. „Die Belastungen für die betroffene Familie können ganz unterschiedlich sein, wie eine aufwendige Pflege, viele Fahrten und Termine, schwerwiegende Therapieentscheidungen oder eben monatelange Krankenhausaufenthalte“, fächert Caroline Bonte auf. „Der Bunte Kreis“ sei gut vernetzt und dadurch in der Lage, Ansprechpartner zu vermitteln. „Wir arbeiten nach dem Prinzip ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘“, erläutert Bonte. Gerade am Anfang, nach Diagnose einer schweren Krankheit, befänden sich die Eltern oft in einem Schockzustand. „Durch Gespräche und unser Hilfsangebot fangen wir sie auf, beraten und informieren, was der Orientierung dient, sodass die Eltern Klarheit gewinnen und Schritt für Schritt in der Lage sind, ihren Alltag mit dem kranken Kind zu meistern.“

Ursprünglich stammt die Idee des „Bunten Kreises“ aus Augsburg. Vor knapp 33 Jahren haben Mitarbeiter der Kinderklinik Augsburg überlegt, wie Kinder früher entlassen und im Anschluss kontinuierlich begleitet werden könnten. Zu klären galt, wie die Pflege zu Hause zu sichern sei. Ein „Runder Tisch“ aus Klinikpersonal entwickelte ein Nachsorgekonzept. Ende 1991 gab es eine erste Spendenaktion, ein Jahr später wurde der Name „Der Bunte Kreis“ geprägt. 1993 war das Konzept „Augsburger Nachsorgemodell - Der Bunte Kreis“ ausgereift und konnte an den Start gehen. „Wenn ein Kind verunglückt, schwer erkrankt oder zu früh geboren ist, ändert sich das Leben der betroffenen Familien schlagartig. Alleine können das die Eltern kaum bewältigen“, informiert die Augsburger Stiftung „Der Bunte Kreis“ auf ihren Internetseiten und versichert: „Mit hochprofessioneller Hilfe und liebevoller Begleitung bieten wir ganzheitliche Unterstützung, damit den betroffenen Familien das Leben bestmöglich gelingt.“

Nach diesem Vorbild handelt auch „Der Bunte Kreis“ der Euregio-Klinik. „Wir gehen in der Klinik auf die Eltern zu“, schildert Caroline Bonte und zählt auf, für wen Case Management (was in der Übersetzung Fallmanagement, Fallführung oder Versorgungsmanagement bedeutet) sinnvoll sei: Früh- und Risikogeborene sowie Kinder mit fortschreitenden Muskelerkrankungen, Krebserkrankungen, Schwer- und Mehrfachbehinderungen, neurologischen Schäden oder Beeinträchtigungen nach einem Unfall. Ein spezielles Risikomanagement bilde die Grundlage für die Situationsanalyse. „Wenn von fünf Fragen zur Risikobewertung nur eine mit ‚ja‘ beantwortet wird, greift das Case Management“, sagt Astrid Jansen. 

Klassischerweise funktioniert das im Falle einer Frühgeburt folgendermaßen, doch vorab: Von einem „Frühchen“ ist die Rede, wenn das Baby vor der vollendeten SSW 37 zur Welt kommt. Als kritische Zeit für eine Frühgeburt gelten besonders die Schwangerschaftswochen (SSW) 24 bis 27. Die Babys kommen dann oft mit noch einem sehr geringen Gewicht zur Welt. Viele Organfunktionen sind dann noch nicht oder nicht vollständig ausgebildet, was eine intensivmedizinische Behandlung mit Atemüberwachung, strikter Kreislaufüberwachung und künstlicher Ernährung erforderlich macht. In Deutschland werden Frühgeborene bei einer Geburt bis zum Ende der SSW 26 ausschließlich in auf darauf spezialisierte und entsprechend zertifizierte Perinatalzentren behandelt. Grund ist das in der Zeit noch geringe Gewicht, in der 26. Schwangerschaftswoche liegt das bei durchschnittlich 800 Gramm. Schon jetzt ist die Überlebenswahrscheinlichkeit mit 85 Prozent sehr hoch, dass die vorzeitige Geburt keine langfristigen gesundheitlichen Folgen hat wird immer größer. Die SSW 27 ist eine Art Scheitelpunkt. Dann wiegt das Baby im Durchschnitt 1.000 Gramm oder sogar mehr, die Überlebenschancen haben sich auf 95 Prozent erhöht und die Gefahr von schweren Komplikationen nimmt ab.


„Bei einer Frühgeburt vor der 29. Schwangerschaftswoche entspricht Nordhorn nicht den Voraussetzungen, die für die Versorgung dieser Frühgeborenen unverzichtbar ist“, erklärt Astrid Jansen. Dann würde das Kind zwischenzeitlich nach Münster verlegt werden und dort in dem Geburtszentrum Level 1 (der höchsten Versorgungsstufe) der Uniklinik einige Wochen intensivmedizinisch behandelt und käme danach zurück nach Nordhorn. Erst bei reibungsloser Nahrungsaufnahme und, wenn Gewicht und Organfunktionen stabil sind, wird es entlassen. Meist ist das um die SSW 38 oder wenn das Baby ein Gewicht von 2500 Gramm erreicht hat. 

Liegt eine dauerhafte Schädigung oder ernsthafte Erkrankung vor, vermittelt die Fachambulanz das Kind an den Sozialmedizinischen Dienst. Auf die Frühchen-Nachsorge haben die Eltern einen gesetzlichen Anspruch. Ein Team aus Kinderärzten, Psychologen, Case Managern, Heil- und Sozialpädagogen erstellt bei der Entlassung einen individuellen Hilfeplan, leitet die Eltern zur speziellen Pflege an, bietet psychologische Beratung an, berät über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten und hilft beim Stellen von Anträgen. In Nordhorn gehört außerdem eine Seelsorgerin zum Team. „Gerade auch bei Kindern die hochmedizinisch versorgt wurden, verhindert die sozialmedizinische Nachsorge den sogenannten ‚Drehtüreffekt‘, weiß Caroline Bonte. Die Nachsorge verkürze den Klinikaufenthalt und helfe unnötige Notaufnahme und erneute stationäre Aufenthalte zu vermeiden. Sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen sind auf mindestens sechs und höchstens 20 Einheiten in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Wochen begrenzt. Eine Einheit beträgt 60 Minuten.

„Bei den Hausbesuchen haben wir die gesamte Familie im Blick. Wir achten auf negative Nachfolgeaspekte beispielsweise Arbeitslosigkeit, Suchtgefahr oder sonstige Probleme der Eltern beziehungsweise Auffälligkeiten bei Geschwisterkindern“, zählt Caroline Bonte auf. „Viele Frühchen, die heute versorgt werden können, hatten vor vielen Jahren kaum Überlebenschancen. Die sozialmedizinische Nachsorge ermöglicht einen reibungslosen Übergang nach Hause in die Familie“, stellt sie heraus. Meist würde ein Nachsorgeantrag reichen. Es gibt allerdings Fälle, wo mehrfach ein Nachsorgeantrag gestellt werden muss. „Bei einer Dreijährigen mit einem schweren angeborenen Herzfehler hat die Krankenkasse zum dritten Mal die Nachsorge genehmigt“, berichtet Astrid Jansen. Das sei möglich, wenn der Zustand sich verschlechtern würde. In dem geschilderten Fall trat diese Situation ein, das Mädchen musste wiederholt am Herzen operiert werden.

Ihre Arbeit als Case Managerin empfindet Caroline Bonte als bereichernd. Auch, weil sie ihre Patienten und deren Familie, die über einen langen Zeitraum betreut werden, gut kennenlernt. „Man hat immer das Gefühl, dass sich die Eltern freuen, wenn man zum Hausbesuch kommt. Am Ende sind sie immer sehr dankbar“, begründet sie. Es sei schön zu erreichen, dass die Familien nach einiger Zeit selbst zurechtkommen. „Die Evaluation hat gezeigt, dass mit sozialmedizinischer Nachsorge die Selbstwirksamkeit steigt“, ergänzt Astrid Jansen.

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